Portrait:

Sr. Angela

Ende der 60er Jahre kamen zwei jüngere Frauen auf mich zu: „Machst du mit? Wir wollen zusammen eine Kommunität beginnen mit dem Schwerpunkt Gebet.“ Ich in eine Kommunität? War doch München die Stadt meiner Wahl geworden: Endlich, nach jahrelanger kriegsbedingter Trennung, wohnten meine nächsten Verwandten in meiner Nähe und: München mit den vielen kulturellen Angeboten, den nahen Bergen und auch die mich ausfüllende Arbeitsstelle! Nein, der Gedanke an eine Kommunität war für mich recht abwegig.

Sr. Angela Leonhardt Aber: Kurz darauf lud mich ein mir bekannter Bruder der Jesus-Bruderschaft zu einem Besuch in Hamburg ein. Hamburg ansehen, eine Hafenrundfahrt machen, der Gedanke war verlockend! Ich fuhr in diese Großstadt, wurde vom Bahnhof abgeholt, und es ging in einen Vorort zum Haus der dort wohnenden drei Schwestern der Jesus-Bruderschaft. (Es gab damals in verschiedenen Großstädten Gruppen von je drei Schwestern bzw. drei Brüdern, sog. Außenkommunitäten.) Abends war ich eingeladen zu ihrem Wochenschluss-Gottesdienst, zu dem auch die Brüder aus der Stadt gekommen waren. Die Gebete an diesem Abend sprachen mich sehr an; so dass ich nachts im Halbschlaf meinte, auch zu diesen Geschwistern zu gehören und mir Gedanken darüber machte, „wie bringe ich das meinem Bruder in München bei?“ Das wischte ich aber am nächsten Morgen als Nacht-Träumerei weg aus meinen Gedanken.

Zu viert, eine Schwester, der o.g. Bruder, ein Hamburger Diakon und ich, machten am nächsten Tag einen Ausflug. Während eines Picknicks teilte der Bruder Bildchen aus, die die Fußwaschung Jesu darstellten, die wir meditierend anschauten. Beim Austausch sagte der Diakon: „Man sollte …, man müsste …“. Das brachte mich in Aggression: „Was heißt, man sollte, man müsste … Tun Sie, was Ihnen klar geworden ist!“ Da sagte doch der Bruder zu mir: „Dann tue du, was dir klar geworden ist!“ Ich: „Was denn?“ Er: „Na, hast du gestern Abend nicht gemerkt, dass dich Gott in die Schwesternschaft der Jesus-Bruderschaft berufen hat?“

Ich war wie vom Donner gerührt! Ich konnte doch mein Leben nicht einfach so blind verkaufen; ich kannte die Jesus-Bruderschaft ja noch gar nicht! Ich müsste doch erst wissen, ob solch ein Schritt richtig, also wirklich der mir von Gott zugedachte Weg ist. Unser Gespräch ging hartnäckig hin und her, auch als wir im Auto weiterfuhren. Ich blieb bei meinen Argumenten.

Nach zwei Stunden erinnerte ich mich an ein Gespräch in unserem Münchner Hauskreis über den Bericht, wo Jesus auf dem Wasser sich dem Boot mit den Jüngern näherte und sie in ihrem Erschrecken beruhigte: „Ich bin’s“. Petrus bat: „Wenn du es bist, heiße mich zu dir zu kommen“, und Jesus rief. „Komm!“, worauf Petrus tatsächlich aus dem Boot stieg und einige Schritte auf dem Wasser Jesus entgegenging.

Damals sagten wir: Im Boot konnte Petrus nicht wissen, ob das Wasser ihn trägt. Er musste erst dem Ruf Jesu gehorchen und aus dem Boot steigen, ehe er nach dem Gehorsamsschritt die Bestätigung erfuhr, dass das Wasser ihn trägt. Also: Erst gehorchen. Die Bestätigung, ob es richtig war, kommt erst hinterher. So sagte ich nach zwei Stunden mein Ja; denn ich wollte Gott nicht ungehorsam sein.

Wieder in München besuchte ich die Familie meines Bruders. Gleich nach der Begrüßung, noch ehe ich ein Wort gesagt hatte, sah mein Bruder mich an: „Entweder du hast dich verlobt, oder du gehst in ein Kloster.“ Darauf sagte ich ihm: „Nicht in ein Kloster, sondern in eine Bruderschaft.“ Wenn mein Bruder mir das angesehen hat, muss mich diese Entscheidung doch tiefer berührt haben, als dass sie nur ein rein verstandesmäßig begründeter Gehorsamsschritt war.

Ja, Gott hat diesen meinen „Ausstieg aus dem Boot“ wiederholt bestätigt. So stand ich z. B. einmal an der Baugrube des heutigen Brüderhauses mit dem Zement-Fundament: Ein runder Bau mit zwölf Segmenten, deren Spitzen auf die Mitte wiesen, (symbolisch auf Jesus in der Mitte); und am Bau tummelten sich katholische Bauhelfer aus Italien, reformierte aus der Schweiz und aus Holland, andere aus Deutschland. – Hatte mich nicht bei einer Tagung über 1. Kor. 14 ins Herz getroffen, dass egal, in welcher Konfession wir leben, alle zu dem einen Leib Christi gehören und jeder das einbringt, was ihm speziell geschenkt worden ist? Und hier habe ich das sogar in Zement gegossen vor Augen samt den konfessionell unterschiedlichen jungen Leuten, die alle an diesem einen Bau mitarbeiteten. Wenn dieser Aspekt der Spiritualität der Jesus-Bruderschaft nicht eine Bestätigung meiner Berufung in diese Bruderschaft ist!

Die Liebe zur gesamten Christenheit in ihrer konfessionellen Vielfalt hat sich im Lauf der Jahre meiner Bruderschafts-Zugehörigkeit vertieft. Auch bin ich dankbar für unser tägliches Mittagsgebet, in dem wir dieses Anliegen aufnehmen.


Zurück

Autor*in


Sr. Angela Leonhardt

Veranstaltungen

Freie Plätze im Haus der Stille

Weitere Veranstaltungen…

Freie Plätze im Nehemia-Hof

Weitere Veranstaltungen…

Kulturprogramm

Weitere Kultur-Veranstaltungen…

Nächster Gottesdienst